Hanauer Hospiz braucht dringend mehr helfende Hände

Viele Ehrenamtliche im Hanauer Hospiz engagieren sich schon seit Jahrzehnten und hören bald auf. Es braucht dringend helfende Hände, um die Patienten mit Essen und zwischenmenschlicher Nähe zu versorgen.

Sie zählen zum unverzichtbaren Team der Ehrenamtlichen: Katja Unkelbach (links) und Dagmar Ott (rechts) mit Hospizleiterin Jeannette Marquardt. © Patrick Scheiber

Hanau – Sie backen Kuchen, kaufen ein, kümmern sich um den Garten, leisten den Patienten Gesellschaft oder bringen ihnen das Abendbrot: Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer sind aus dem Hanauer Hospiz nicht wegzudenken, leisten gerade in Zeiten des Fachkräftemangels einen unschätzbaren Beitrag, damit sich die Gäste und deren Angehörige dort wohlfühlen.

Zwölf Ehrenamtliche gehören derzeit zu dem kleinen Team, das die Arbeit der Hauptamtlichen unterstützt und in der Freizeit verschiedene Aufgaben im Hospiz übernimmt. Die Gruppe ist in den vergangenen Jahren kleiner geworden, zählte mal 18 bis 20 Helfer. Nun hofft Hospizleiterin Jeannette Marquardt, dass sich neue Interessenten finden, die bereit sind, einen kleinen Teil ihrer Freizeit zu investieren.

Zum Team der Ehrenamtlichen gehören auch Katja Unkelbach und Dagmar Ott, die im Gespräch mit unserer Zeitung von ihrer Motivation erzählen, sich für das Hospiz zu engagieren.

Geburtstagskuchen zum Einstand im Hanauer Hospiz

Katja Unkelbach ist seit Februar 2023 dabei. Für die Arbeit im Hospiz hatte sie sich schon lange interessiert, hat „größten Respekt davor“. Inzwischen sind die Kinder groß, sie hat mehr Freizeit, wollte „etwas Sinnvolles“ tun. Weil sie aber nahezu Vollzeit arbeitet, war sie auf der Suche nach einer ehrenamtlichen Tätigkeit, die zeitlich sehr flexibel ist. Nun erledigt die 54-Jährige den Wocheneinkauf für das Hospiz. „Das ist ein minimaler Aufwand für mich, ich gehe sowieso einkaufen“, sagt Unkelbach, die findet: „Das ist keine Aufgabe, die Pflegekräfte übernehmen müssen.“

Anfang der Woche erhält sie per Whatsapp eine Liste, erledigt den Einkauf nach ihrem eigenen Zeitplan. In der Regel mittwochs oder donnerstags bringt sie die Lebensmittel im Hospiz vorbei – mal morgens um sieben, mal abends um neun, eben je nachdem, wann es für sie am besten passt. „Ich weiß das sehr zu schätzen“, betont Hospizleiterin Marquardt. „Das ist eine große Erleichterung für mich.“ Denn vorher ist sie selbst abends einkaufen gegangen. Katja Unkelbach kann sich vorstellen, ihre ehrenamtliche Tätigkeit für das Hospiz zu erweitern, zum Beispiel auch mal einen Kuchen für die Bewohner zu backen.

So wie Dagmar Ott, die sich seit September vergangenen Jahres in der Einrichtung engagiert. Vor zweieinhalb Jahren ist sie aus dem Raum Rodgau/Seligenstadt nach Hanau gezogen. Sie möchte gerne etwas zurückgeben, sagt sie zu ihrer Motivation. „Ich bin in der glücklichen Lage, dass es mir gesundheitlich gut geht.“ An ihrem 70. Geburtstag hat sie samstags im Hospiz Kuchen vorbeigebracht, erinnert sie sich. „Das war mein Einstand.“

Gesellschaft im Hanauer Hospiz leisten und in Erinnerungen schwelgen

Drei bis vier Stunden in der Woche ist sie in der Regel in der Einrichtung, manchmal auch an zwei Tagen. Sie backt Kuchen, bringt Blumen mit, manchmal auch Wurstsalat, Blätterteigrollen oder hausgemachten Handkäs. Und sie übernimmt Essensdienste. Das heißt, sie fragt bei den Gästen ab, was sie zum Abendbrot möchten, bringt ihnen Rührei, Obst mit Joghurt, Griesbrei oder Schnittchen. Oder sie setzt sich zu denen ans Bett, die nichts essen möchten. Denn auch dafür sind die Ehrenamtlichen da: Um den Hospizbewohnern Gesellschaft zu leisten, ihnen eine Möglichkeit zu geben, sich zu unterhalten, von früher zu erzählen, sich an Urlaube zu erinnern.

Wenn sie im Bekanntenkreis von ihrem Ehrenamt berichte, sagt Dagmar Ott, dann sei die erste Reaktion meist: „Um Gottes willen, wie kannst du das?“ Diese Frage hat sich die 70-Jährige am Anfang selbst gestellt: „Kann ich das? Nehme ich das mit nach Hause? – Aber ich bin hier raus und habe das in eine Schublade gepackt.“ Dennoch gebe es Fälle, die emotional stärker berühren. „Es ist ein Ort für den letzten Weg.“ Wichtig war es ihr, auch die Fachkräfte bei ihrer Arbeit zu beobachten, zu wissen: „Wie ist der Ablauf, wenn jemand gegangen ist?“ Dadurch könne sie vieles besser verkraften.

„Ich freue mich immer, wenn ich hierherkomme“, sagt Dagmar Ott. Die Einrichtung habe eine angenehme Atmosphäre, strahle etwas Gemütliches aus, sei nicht steril wie ein Krankenhaus. „Man fühlt sich wohl.“ So kam es, dass die 70-Jährige sogar den Jahreswechsel im Hospiz verbracht hat. Sie hat abends den Gästen Essen gebracht und einen Piccolo und mit Mann und Hund dort Silvester gefeiert.

Viele Ehrenamtliche sind seit Jahrzehnten im Hanauer Hospiz

Neben der Essensausgabe und dem Einkauf gehören die Gartenpflege oder kleine Botengänge zu den Aufgaben, die Ehrenamtliche übernehmen können. Die Dienste organisieren sie über eine Whatsapp-Gruppe. In Zeiten des Pflegenotstands übernehmen sie nachts auch mal eine Sitzwache, wenn Bewohner unruhig sind oder Ängste haben und nur eine hauptamtliche Kraft vor Ort ist.

Nun zeichnet sich ab, dass die Gruppe der Ehrenamtlichen in nächster Zeit langjährige Helfer verlieren könnte. „Manche sind zehn Jahre oder länger dabei und in einem Alter, in dem sie sagen, ich ziehe mich bald zurück“, berichtet Jeannette Marquardt. Deshalb braucht das Team dringend Verstärkung. Eine Interessentin sei derzeit für sechs Wochen zur Probe dabei und schaue sich an: „Ist das was für mich? Passt das zu meinem Lebensentwurf?“

Eine kleine Kampagne soll dazu beitragen, weitere Interessenten zu gewinnen. Unter dem Motto „Helfende Hände gesucht“ wird mit Unterstützung einer Künstlerin eine Leinwand gestaltet und ein Foto mit dem Team auf der Homepage und in Sozialen Medien als Werbeaktion veröffentlicht.

Wer sich vorstellen könnte, ehrenamtlich im Hospiz zu helfen, kann sich telefonisch unter 06181 507050 oder per E-Mail an j.marquardt@ sozialewerke.de bei der Leitung melden.

 

Quelle: Hanauer Anzeiger vom 11.07.2024 - Katrin Stassig
URL: https://www.hanauer.de/hanau/hanauer-hospiz-braucht-dringend-mehr-helfende-haende-93180905.html

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